Buchtipps von Ernest Hemingway

Die Suche nach James Joyce‘ Dubliners führte mich von Buchhandlung zu Buchhandlung. Dort gab es Büchertische voller Neuerscheinungen, voller Neuausgaben. Unendlich viel Lesestoff. Es juckte mich in den Fingern. Doch das gewünschte Buch war nirgends vorrätig. Warum es unbedingt Dubliners sein sollte? Es steht auf der Liste mit Buchtipps von Ernest Hemingway!

 

Ernest Hemingways handgeschriebene Buchtipps

»Nächste Woche fahre ich für eine Woche nach Rom. Allein. Können Sie mir ein Buch empfehlen? Etwas wie Eat Pray Love?«, hörte ich den jungen Mann die Buchhändlerin fragen. Das Motiv der Reise sollte unbedingt enthalten sein. Eine heitere Geschichte, sollte es sein. Die Buchhändlerin gab sich alle Mühe ein passendes Buch zu finden. Literatur zu empfehlen ist keine leichte Aufgabe. Geschmäcker sind so verschieden.
Wenn ich mir die Buchtitel auf der von Hemingway handgeschriebenen Listeanschaue, die der Schriftsteller im Frühjahr 1934 einem jungen Mann überreichte, dann würde ich sagen: Die Buchtipps von Schriftstellern sind goldwert.

Wer schreibt, der liest. Wer liest, der schreibt.

Hemingway war zeitlebens ein passionierter Leser. Er schrieb am Morgen, am Nachmittag und Abend hingegen las er. »When I was writing, it was necessary for me to read after I had written. If you kept thinking about it, you would lose the thing that you were writing before you could go on with it the next day … it was necessary to read in order not to think or worry about your work until you could do it again.«

Hemingways Read-&-Write-Balance

Write hard and clear about what hurts.
Dieser Rhythmus war wichtig für sein kreatives Schaffen. Hemingway las um zu lernen, um seinen eigenen Stil zu entwickeln. Um sich inspirieren zu lassen. Für seinen Roman Der alte Mann und das Meer bekam er den Nobelpreis verliehen. Sein Stil ist berühmt. Die Sprache ist glasklar, unendlich eindrücklich. Nüchtern, keine Gefühle, keine langen Sätze, keine Nebensätze. Die Zuspitzung auf das Existenzielle, macht Hemingways Werk aus. Hemingways Sätze prasseln auf den Leser ein. Er selbst sagte: »Write hard and clear about what hurts.«

Hemingways Bücherregale in Key West, Florida

Wer das Ernest Hemingway House, ein Museum, in Key West, Florida besucht, der darf Hemingways Bücherregale bestaunen. Ob Hemingway all die Bücher, die dort seit Jahrzehnten stehen, tatsächlich gelesen hat, bleibt ungewiss. Für Literaturwissenschaftler, die sich mit der Frage nach Hemingways Lektüre auf wissenschaftlicher Ebene befassen, sind es in jedem Fall wertvolle Hinweise auf die Frage: Was las Hemingway?

Hemingway – Paris – Shakespeare & Company

In those days there was no money to buy books. I borrowed books from the rental library of Sylvia Beach at 12 rue de l’Odéon. – A moveable Feast
In A moveable Feast gibt der Schriftsteller einige Hinweise auf seine Lektüre während der Zeit, die er in Paris verbrachte: »I started with Turgenev and took the two volumes of A Sportsman’s Sketches and an early book of D.H. Lawrence, I think it was Sons and Lovers, and Sylvia told me to take more books if I wanted. I chose the Constance Garnett edition of War and Peace, and The Gambler and Other Stories by Dostoyevsky.« Die Buchhandlung Shakespeare & Company, noch immer eine Institution in Paris, wurde zu einem wichtigen Ort für Hemingway. Er entlieh dort nicht nur Bücher, er knüpfte Kontakte zum Who-is-Who der intellektuellen Szene der Stadt. Es waren die 1920er Jahre und Hemingway traf Literaten und Künstler: James Joyce, Picasso, F. Scott Fitzgerald und dessen Frau Zelda.
Die Liste, die Hemingway dem jungen Arnold Samuelson überreichte, verrät, dass einige der Klassiker, die der Schriftsteller von Sylvia Beach auslieh, ihn nachdrücklich beeindruckten. Hemingway las die Klassiker: Flaubert, Maupassant, Stendhal, Balzac, Zola, Mann, Huxley, Lawrence und auch Nietzsche.
In Green Hills of Africa schreibt Hemingway: »All modern American literature comes from one book by Mark Twain called Huckleberry Finn.« Wenn das nicht die Leseempfehlung par excellence ist?
Auf wessen Buchtipps verlasst ihr euch? Welcher Schriftsteller hat euch dazu inspiriert ein anderes großes Werk zu lesen?
Quellen:
Hemingway in Context von Debra Moddelmog und Suzanne del Gizzo
Reading Hemingway von Miriam B. Mandel